Die Darstellung und Interpretation menschlicher Spuren in der Kunst ist vielfältig in Form und Auswahl der Techniken und Medien. Sie reflektieren und dokumentieren individuelle sowie gesellschaftliche Erfahrungen und Emotionen. Kunstwerke hinterlassen zudem nicht nur Spuren in ihrer bloßen Erschaffung durch Farbe, Fotografie oder im Erbauen, sondern auch in den Herzen und Gedanken derer, die sie betrachten, und geben Raum für Kontemplation und eigene Assoziationen.
Ausgewählte Fotografien aus dem Portfolio „Hommage an Andreas Feininger“ von Nomi Baumgartl reflektieren die langjährige Freundschaft zwischen ihr und Andreas Feininger (1906-1990), einem der herausragenden Fotografen des 20. Jahrhunderts. Sie hat das Portfolio zum 100. Geburtstag konzipiert, das vertraute Porträtaufnahmen von Feininger sowie Einblicke in sein Studio und Werk enthält. „We all are an integral part of Nature, a part of the Universe“, lautete sein spätes Credo. Ein Gedanke, den Nomi Baumgartl in ihrer freien Fotokunst fortschreibt: Respekt vor der Schöpfung und die Verbindung von Natur und Mensch bleiben ihr großes Anliegen.
„Im Zentrum meines künstlerischen Schaffens steht die Darstellung des Menschen in seinem Wesen und seinem Sein“, beschreibt René Dantes seine Arbeit. In seinen Skulpturen aus Edelstahl, Cortenstahl oder Stein setzt er sich mit Abstraktionen und Assoziationen menschlicher Figuren auseinander. Dabei interessiert ihn die Herausarbeitung der reinen Form sowie die Befreiung vom natürlichen Abbild, um einen assoziationsreichen Schwebezustand zu erreichen und neue Sichtweisen zuzulassen.
Die collagierten und gemalten Porträts von Christa Filser stellen bewusst keine konkreten Personen dar, sondern sind eher eine Manifestation von Gefühlen und Erfahrungen. Die entrückte Physiognomie erscheint dabei als Membran, die den Austausch zwischen einem wie auch immer gedachten „Innen“ und dem „Außen“ ermöglicht. Ihre Porträts fungieren als emotionale Ankerpunkte für persönliche und kollektive Erinnerungen sowie als Mittel zur Kommunikation und Selbstreflexion.
Josepha Gasch-Muche verwendet für ihre faszinierenden Kunstwerke ein spezielles, extrem dünnen Glas, das sie in tausende Glassplitter auf Holz oder Leinwand schichtet. Ihre Werke fangen die Spuren des Lichts, des Menschen und seiner Umgebung ein, die je nach Blickwinkel, Standpunkt und Tageszeit variieren.
Die Skulpturen aus Holz und Stuckmarmor von Johanna Schelle zeigen verschiedene menschliche Darstellungen in eher kleinen Formaten und reduzierter Bemalung. Sie strahlen ein Gefühl der Entrücktheit aus und geben dem Betrachter Raum zur Reflexion über sich selbst und das Menschsein.
Martin Streit ist in erster Linie Maler, auch wenn er fotografisch und mit digitaler Technik arbeitet. Mithilfe der schon in der Antike bekannten Camera-obscura-Technik gelingt es ihm, seine farbmalerischen Anliegen auch in der Fotografie umzusetzen. Mit seiner selbstentwickelten mobilen Camera Obscura fotografiert er unbekannte Menschen im Vorbeigehen und lässt diese Aufnahmen auf bis zu 180 cm hohen Bildträgern entwickeln. Dabei führt er dem Betrachter die flüchtigen Spuren und das Verschwinden dieser Personen lebhaft vor Augen.
Lillian Berger – Kunsthistorikerin & Kuratorin
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